Die Rosenfelds

Gefallen – geflüchtet – überlebt

Nicht nur die Grabsteine auf dem Öhringer jüdischen Friedhof erinnern an die Familien Rosenfeld. Der Harne steht auch auf der Gedenktafel im Ehrenhof des Kreuzganges für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Josef und Justin Rosenfeld, zwei Vettern, zählen zu den Toten dieses Krieges. Der eine starb am Hartmannsweiler Kopf, der andere nach schwerer Verwundung in einem Lazarett in Cannstatt.

Es gab drei Familien Rosenfeld. Die Brüder Leopold (geboren 1859), Louis (1866) und Max (1871) stammten aus Olnhausen. Leopold, der älteste, kam schon 1887 nach Öhringen, seine Brüder folgten nach. Alle drei waren Handelsleute. Leopold Rosenfeld war mit Hannchen Baum aus Heidingsfeld verheiratet, die aber schon 1907 starb. Die 1888 geborene Tochter Klara verheiratete sich nach Winnenden und endete in Auschwitz. Ihr Bruder Josef, 1894 geboren, wurde im Krieg schwer verwundet und starb 1918 in einem Lazarett in Cannstatt. Vater Leopold zog 1936 nach Bad Cannstatt und starb dort 1938.

Die Familie des Louis Rosenfeld wohnte in der Schillerstraße 42 und betrieb mit Bruder Max einen Viehhandel. Louis war mit Anna Friedheimer verheiratet, die aus Kirchheim bei Würzburg stammte. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Justin (1895) und Alma (1898). Der Gardeschütze Justin fiel, 20 Jahre alt, am Hartmannswseiler Kopf.

Die Familie Hans Bodenheimer mit drei Angehörigen der Familie Rosenfeld.
Von links: Hans Bodenheimer, Mutter Anna Rosenfeld, ihr Neffe Justin Rosenfeld, Alma Rosenfeld, die Frau von Hans Bodenheimer. ließ ihn nach Öhringen überführen und auf dem jüdischen Friedhof beisetzen, wo auch sein Cousin Josef seine letzte Ruhestätte fand.

Alma Rosenfeld war in erster Ehe mit ßenno Kaufmann aus Ödheim verheiratet, der nach dreijähriger Ehe in München starb. Sie kehrte zu ihrer Mutter nach Öhringen zurück, deren Mann Louis 1929 verstorben war. Mutter und Tochter wanderten 1941 in die USA aus. Hier ging Alma die Ehe mit Hans Bodenheimer ein, der von 1936 bis 1938 die von den öffentlichen Schulen verwiesenen jüdischen Kinder in einem Saal der Synagoge unterrichtet hatte. Almas Mutter starb, 76 Jahre alt, 1946 in den USA, sie selbst 1979. Ihr Mann Hans Bodenheimer schrieb nach ihrem Tode: „Eine edle Frau, eine echte Schwäbin.“

Das heutige „Enzianstüble“ war das Wohnhaus der Familie Max Rosenfeld, dahinter stand die Scheune mit den Stallungen. Den Viehhandel betrieben Max und Louis mit Unterstützung ihres Bruders Leopold. Max Rosenfeld kam 1904 nach Öhringen und starb hier 1929, im gleichen Jahr wie sein Bruder Louis. Seine 1883 geborene Frau Rosa Jakob aus Neiden- stein wanderte 1939 mit der Familie ihres Schwiegersohns Louis Hirsch in die USA aus und lebte dort bis 1946. Ihre 1905 geborene Tochter Liesel war mit dem Pferdehändler Louis Hirsch verheiratet und starb 1986 in Waco-Texas.

Im Jahre 1909 wurde Friedhilde Rosenfeld geboren. Hach dem Besuch der Oberschule in Schwäbisch Hall arbeitete sie im Büro des Immobilienmaklers Isaak Kaufmann. Als er im März 1933 von der SA verhaftet und nach den Misshandlungen in Öhringen mit anderen Juden auf einem offenen Lastwagen in das Gefängnis Heilbronn gebracht worden war, ließ sich Hilde Rosenfeld im Auto ihres Chefs nach Heilbronn fahren und besuchte Isaak Kaufmann im Gefängnis. Kurz nach ihrer Rückkehr wurde sie verhaftet. Den Grund erfuhr sie später: Von dem Mann, der sie nach Heilbronn gefahren hatte, war sie denunziert worden.

Hilde Rosenfeld war danach noch drei Jahre Sekretärin in einer Bettfedernfabrik in Cannstatt und heirateteOtto Levy aus Esslingen. Dank der großherzigen Hilfe eines ihm bis dahin unbekannten Mannes in Amerika konnte das junge Paar 1938 nach dort auswandern. In Waco angekommen, sorgten sie dafür, dass Louis Hirsch mit seiner Frau Liesel und den Söhnen Bernd und Kurt, sowie ihre Mutter Rosa nachkommen konnten. In Waco gründeten Hilde Levy-Rosenfeld und ihr Mann ein Feinkostgeschäft, das sie fast fünfzig Jahre mit „deutschem Fleiß“ sehr zur Zufriedenheit ihrer Kunden führten.

Justin Rosenfeld war 13 Jahre alt, als er mit ansehen mußte, wie am 18. März 1933 Juden, Kommunisten und Sozialisten beim Gefängnis am Hafenmarkt von der SA zusammengetrieben und mißhandelt wurden. Diese Bilder blieben ihm unvergessen. Er besuchte bis 1935 das Progymnasium, wo er zuletzt Anfeindungen von Lehrern und Schülern ausgesetzt war. 1938 wanderte er in die Vereinigten Staaten aus und diente im Zweiten Weltkrieg in der US-Army.

Als Soldat kam er nach dem Kriege nach Öhringen und suchte auf dem Friedhof nach dem Grab seines Vaters Max Rosenfeld. Das Grab fand er, aber der Grabstein war verschwunden, wie viele andere auch. Sie waren während des Krieges an Steinmetze versteigert worden. Justin Rosenfeld sorgte dafür, daß die alten Steine wieder herbeigeschafft und aufgestellt oder neue angefertigt wurden.