Die Juden in Hohenlohe im Mittelalter

Jüdische Siedlungen dürften im Gebiet Hohenlohe im hohen und späteren Mittelalter an wichtigen Verkehrs- und Handelsmittelpunkten entstanden sein. Das älteste bis jetzt bekannte Zeugnis ist der in Heilbronn gefundene Gedenkstein für „Nathan ha Parnas“ („Nathan der Gemeindevorsteher“), den das Leo-Baeck-Institut in Jerusalem in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts datierte. In Öhringen lebten Juden im Jahr 1253. Der Vogt übte über sie die Oberherrschaft aus. Auch in anderen Orten nahmen die Herren von Hohenlohe die Juden auf. Diese kamen aus den benachbarten Reichsstädten Schwäbisch, Heilbronn und Rothenburg ob der Tauber; in der Grafschaft Hohenlohe trieben sie Handel.

Das mittelalterliche Judentum war überwiegend städtisches Bürgertum. Da die Juden kein Eigentum an Grund und Boden besitzen durften und auch nicht in die Zünfte aufgenommen wurden, blieben ihnen nur das als verwerflich angesehene Geschäft des Zinsnehmens. Den Christen war dieses Geschäft seit 1179 verboten. Das Kreditwesen der Juden war unentbehrlich für die weltlichen und kirchlichen Kreise und erreichte im 13. Jahrhundert seinen Höhepunkt. Durch die einheitliche hebräische Sprache, ihre Familienverflechtungen und den gemeinsamen Glauben bildeten sie eine die damaligen Grenzen überschreitende Gruppe, die immer wieder die benötigten Kapitalien beschaffte.

Judenverfolgungen

Die negativen Folgen blieben nicht aus: Die Rechtsstellung verschlechterte sich, und durch finanzielle Forderungen von Kaiser, Landesherr und Stadt waren die Juden gezwungen, immer mehr Geld aufzutreiben. Dies wurde vom Volk als „Zinswucher“ verstanden Zugleich tauchte die Beschuldigung auf, dass Juden Hostien schändeten, indem sie geweihte Hostien kaufen oder stehlen würden, um sie aus Hass gegen Christus mit Messern zu durchstechen oder in einem Mörser zu zerstampfen. Gerüchte über solchen Hostienfrevel führten im Jahr 1298 in Südwestdeutschland zu entsetzlichen Judenmetzeleien, ausgelöst durch den fränkischen Ritter Rintfleisch.

http://www.de.Wikipedia.org/wiki/Rintfleisch-Pogrom

Davon war auch Hohenlohe betroffen. Auch in Öhringen wurden Juden erschlagen; Zahl und Namen sind nicht bekannt. Das Wohngebiet der jüdischen Familien lag im westlichen Bereich, wahrscheinlich in der Gerbergasse; hier befand sich auch die Synagoge. Ebenso kam es in Forchtenberg, Waldenburg, Dörzbach, Krautheim, Ingelfingen und Künzelsau zu den „Rintfleischprogromen“. In Sindringen wurden elf Angehörige zweier Familien ermordet.

Im Jahr 1348 verbreitete sich in Europa die aus dem Orient eingeschleppte Pest, genannt der „Schwarze Tod“. Die Seuche richtete schlimme Verheerungen an; ein Drittel der Bevölkerung erlag ihr. Da begann eine ungeheuerliches Gerücht umzulaufen: Die Pest sei durch die Juden heraufbeschworen, sie hätten alle Brunnen und alles Quellwasser vergiftet. Die wahnwitzige Beschuldigung wurde geglaubt, obwohl auch die Juden der Pest zum Opfer fielen. Durch ihre Vorschriften bei ihrem Gesetz, z.B Waschen vor den Mahlzeiten, hatten sie aber weniger Todesfälle. In den darauffolgenden Judenverfolgungen von 1348/49 gingen die jüdischen Gemeinden in Öhringen, Waldenburg und Hohebach vollständig unter.

Chronik von Gilles Li Muisis, um 1350, Bibliothèque Royale de Belgique, Brüssel: Judenverbrennung

Das 1353 gestiftete Spital in Öhringen soll auf dem Platz gebaut worden sein, auf dem vorher die Synagoge gestanden hat. Aber schon vor 1376 wurde das Spital in die heutige Altstadt verlegt.

Die Verhältnisse in Hohenlohe

Über die Herkunft der Juden im Hohenlohischen am Anfang des 15. Jahrhunderts gibt es nur spärliche Angaben und mehrere Theorien. Ein Teil war wohl aus Spanien (1492) und Portugal (1497) geflohen. Ein anderer Teil kam aus Württemberg und aus Freien Reichsstädten. Zumindest im 15. Jahrhundert  waren wieder zeitweise Juden in Öhringen ansässig. 1475 ist von einem Haus bei unteren Tor die Rede, das zuvor Mose der Jude bewohnt hatte. Es scheint, dass die Grafschaft Hohenlohe im 13. und 14. Jahrhundert häufig jüdische Geldgeber in Anspruch nahm. In der Erbeinigung von 1455 legten die Grafen Krafft und Albrecht jedoch fest, dass keiner ohne des anderen Willen Juden aufnehmen solle. Diese Vereinbarung wurde später in noch schärferen Form wiederholt. Von durchziehenden Juden aber wurde in ganz Hohenlohe teure Wegzölle gefordert. Schließlich übertrug die Reichspolizeiordnung von 1548 das Judenschutzrecht auf alle Reichsstände und ebnete damit vor allem der Reichsritterschaft und dem Deutschorden den Weg zur Aufnahme von Juden in ihrem Territorium.