Reichspogromnacht in Öhringen

Anfänglich hatte es den Anschein, dass die Synagoge in Öhringen in der „Reichskristallnacht“ unbeschadet davon käme. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ging keine Aktion von Öhringer Bürgern aus, die Synagoge zu schänden.
Erst am 10. November gegen Nachmittag erschien plötzlich ein SA-Führer mit einer Schlägerhorde aus Heilbronn, um die Synagoge durch Brandlegung zu zerstören. Er forderte die umliegend wohnenden Bürger auf, ihre Häuser zu verlassen, da auch deren Häuser und Wohnungen während des Brandes Schaden nehmen könnten. Diese Bürger leisteten allerdings „passiven Widerstand“ und räumten ihre Häuser nicht.
Dies stachelte aber die Wut der Nazi-Horde weiter an und die Schlägertruppe drang in das jüdische Gotteshaus ein. Einige Schaulustige fanden sich ein, darunter der Ortsgruppenleiter sowie der Kreisleiter Dr. Dietrich aus Forchtenberg. Man stand abseits und schaute dem Treiben zu.

Türen und Fenster der Synagoge wurden aufgebrochen und zerstört, alles, was sich in den Räumen befand, wurde zerrissen, zertrümmert und auf den nahe gelegenen Schillerplatz zu einem großen Scheiterhaufen aufgetürmt. Alle Möbel und Kultusgeräte, die Gebetsrollen und Trauerkissen, Teppiche und Vorhänge wurden angehäuft und schließlich angezündet. So bekamen die Nazis doch noch ihr Feuer.

Man schätzt, dass etwa 50 Männer an der Zerstörung beteiligt waren; mehr als das Dreifache an Personen schaute untätig und schweigend zu!

Im Staatsarchiv Ludwigsburg fand sich bei der Erschließung von Verwaltungsakten über die Tätigkeit der Spruchkammer Öhringen Material, das sich neben anderen Aktionen u.a. auch auf die Zerstörung der Öhringer Synagoge beizieht.
Offensichtlich hatte sich die NSDAP-Ortsgruppe Öhringen von der Verwüstung und Zerstörung der Synagogen weitgehend ferngehalten. Der Ortsgruppengeschäftsführer soll sogar gesagt haben: „Das ist Unsinn, so was macht man doch nicht.“

Trotzdem unterstützten die Öhringer SA-Männer. Sie sperrten nicht nur den Schillerplatz – auf dem die Einrichtung der Synagoge verbrannt wurde – ab, sondern wirkten auch aktiv mit. In den Akten der Spruchkammer sind die Namen der 56 Akteure dieses Pogroms festgehalten. Und dort wird auch von einem Öhringer berichtet, der ganz wild gewütet haben soll und sich später in einer Wirtschaft noch damit brüstete, in seinem Leben noch nie so geschwitzt zu haben.

Zeitungsartikel vom 11. November 1938