Izbica

Ab dem Frühjahr 1942 war die Ortschaft Izbica, südlich von Lublin (im östlichen Teil Polens) und unweit der Grenze zur Ukraine gelegen, Ziel von Deportationszügen.
Die Gegend um Lublin war das Zentrum des orthodoxen Judentums in Europa. Man sprach jiddisch. Izbica war ein reines „Transitghetto“, eine Zwischenstation auf dem Weg in die Vernichtungslager Sobibor und Majdanek.
Die Menschen, die dorthin deportiert wurden lebten unter unmenschlichen Umständen, viele starben aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen.
So auch der Öhringer Karl Gutmann, der vor dem Weitertransport verstarb.

Im Rahmen der Aktion Reinhardt entschied Himmler und das Reichssicherheitshauptamt (Reinhardt Heydrich) Ortschaften im besetzten Polen als Durchgangslager für deportierte Juden aus West- und Mitteleuropa zu nutzen. Die Ortschaften waren „Umschlagstationen“ an denen die Ankommenden auf die Weiterfahrt in den Tod warten mussten. Izbica war die größte Ortschaft – und das größte Lager. Zu der Zeit kam Gestapo-Führer Kurt Engels in den Ort, schändete den jüdischen Friedhof und ließ aus den Grabsteinen ein Gefängnis bauen.

Allerdings war Izbica kein Lager im üblichen Sinne. Kein Stacheldraht, kein Zaun; die Ortschaft war durch seine geographische Lage „eingezäunt“; drei steile Hügel und ein Fluss markierten den natürlichen „Zaun“. Direkt an der Bahnstrecke in Richtung der Vernichtungslager gelegen, lebten die ankommenden Menschen in drangvoller Enge und unter denkbar schlechten hygienischen Verhältnissen in den Häusern der dortigen Bevölkerung, vorwiegend polnischen Juden. Es soll im Ort nur eine einzige Toilette gegeben haben.

Bis zur Auflösung des „Lagers“ verschleppten die Deutschen zwischen März und Juni 1942 rund 21.000 Juden alleine aus dem deutschen Reichsgebiet nach Izbica. Weitere Zehntausende kamen wegen des Charakters eines Durchgangslagers aus Theresienstadt, aus Wien und der Slowakei.

Erst nach 60 Jahren wurden die noch erhaltenen jüdischen Grabsteine, die zum Bau des Gefängnisses benutzt worden waren, wieder abgetragen und zurück auf den jüdischen Friedhof gebracht.
Aus einem Teil der Steine entstand ein Grabmal – ein Ohel, das ist ein Zelt über einer Ruhestätte.

Fotos von Georg Bassarab, Miltenberg
Unser herzlicher Dank geht an Gabriele und Georg Bassarab, die die Gedenkstätten in Polen besucht haben.

In Izbica umgekommen, aus Öhringen:
Karl Gutmann
Deportation am 26.04.42, Stuttgart, Zugnummer Da56

Zeichen der Erinnerung
https://bildungswerk-ks.de/izbica
http://www.tenhumbergreinhard.de/1933-1945-lager-1/1933-1945-lager-i/izbica.html
Lit.: Steffen Hänschen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, Metropol Verlag Berlin, 2018