Rolle im Leben der Stadt

Wie die große Mehrheit der assimilierten Juden in Deutschland, so fühlten sich auch die jüdischen Bürger Öhringens als Teil des Deutschen Reiches und nach dem November 1918 als Teil der neuen Republik. Sie waren fester und von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptierter Bestandteil des sozialen und gesellschaftlichen Lebens in Öhringen. In zahlreichen Vereinen, Parteien und Institutionen waren jüdische Bürger zu finden. Jüdische Schüler und Schülerinnen besuchten die Schiller-Schule und das Gymnasium. Auf den Viehmärkten in Hohenlohe waren jüdische Viehhändler aus Öhringen vertreten. In der Stadt gab es eine Reihe von Handwerkern und Gewerbetreibende, dazu Geschäfte und Fabriken, deren Besitzer zur jüdischen Gemeinde gehörten.

In den Vereinen
Zahlreiche Öhringer Juden waren in das gesellschaftliche Leben ihrer Stadt eingebunden, dies lässt sich auch aus ihren Aktivitäten in den Vereinen ablesen. So war Julius Heidenheimer Mitglied des örtlichen Militärvereins, Sigmund Israel vertrat zeitweise die Interessen der Hausbesitzervereinigung. Im Ausschuss des Kaufmännischen Vereins arbeitete Richard Kauders mit. In den Mitgliederlisten des Männergesangvereins, des Roten Kreuzes, sowie den Vereinigungen etlicher Berufsgruppen sind die Namen jüdischer Bürger verzeichnet. 

In Öhringen gab es einen israelischen Wohltätigkeits- und Armenverein, sowie einen Frauenverein. Ein Großteil der jüdischen Gemeindemitglieder war Mitglied in einem oder mehreren dieser Vereine. Zweck dieser Vereine war die Unterstützung ärmerer Gemeindemitglieder, als auch der Beistand und die gegenseitige Hilfe in Notfällen.  

Eine große Zahl jüdischen Bürger war im Männerturnverein aktiv, dies belegt zum Beispiel ein Bericht des Hohenloher Boten über die Feier des Männerturnvereins MTV am 1. Januar 1933: 
Die Teilnehmer hatten wieder den Eindruck, der Feier einer großen Familie beizuwohnen, daran man den Geist der deutschen Turnerschaft erkennt.“
Zu dieser großen Familie im Geist der deutschen Turnerschaft gehörten auch zahlreiche Öhringer Bürger jüdischen Glaubens. Drei von ihnen wurden bei dieser Feier im Eisenbahnsaal für 25jährige Mitgliedschaft geehrt: Ferdinand Bloch, Heinrich Einstein und Richard Kauders. Mit ihnen standen neben anderen Bürgermeister Berner, Ferdinand Rau und Robert Stapf auf der Bühne des Eisenbahnsaals. 
„Ehre dem, dem Ehre gebühret“, hieß es bei dieser Feier am Neujahrstag des Jahres 1933.
Die Ehre gebührte auch den drei jüdischen Mitbürgern. Wenige Wochen später wurden sie aus dem Männerturnverein ausgeschlossen. Ein „neuer Geist“ war in die deutsche Turnerschaft eingezogen.

Im politischen Leben der Stadt
Im Öhringer Stadtrat waren immer wieder Jüdische Bürger vertreten. So wurde 1913 Julius Bloch mit der höchsten Stimmenzahl aller Gewählten in den Gemeinderat gewählt. Er war Mitglied des Volksvereins, deren Politik in etwa der späteren Deutschen Demokratischen Partei entsprach. 1925 wurde sein Sohn Ferdinand Bloch für die Deutsche Demokratische Partei in den Gemeinderat gewählt. Zeitweise war auch der stadtbekannte jüdische Arzt Dr. Merzbacher für die Deutsche Demokratische Partei aktiv. 

Jüdische Gewerbetreibende, Fabrikanten und Händler
Ein Spaziergang durch die Öhringer Innenstadt zum Beispiel im Sommer 1930 führte den Spaziergänger an zahlreichen jüdischen Geschäften, Gewerbebetrieben und Händlern vorüber. 
Viehhandlung Gustav Berliner (Wohnung Poststraße 46, Stall im Martersgässle); Landesproduktenhandlung (hauptsächlich Getreide und Mehl) Julius Bloch, Inh. Ferdinand und Siegfried Bloch (Karlsvorstadt 5 und Wirtsmühle in der Büttelbronner Straße 17); Hohenloher Tabakmanufaktur (Zigarrengroß- und –kleinhandel) Max Blum (Wintergasse 20), Teilhaber Jakob Engelbert (Wintergasse 22);
Bankagentur Bernhard Dreyfuß (Untere Torstraße);
Altmetallhandel Maier Dreyfuß und Söhne (Untere Torstraße 26);
Viehhandlung Adolf Ehrlich (Rathausstraße 28); Schuhfabrik Heinrich Einstein und Co. (Haller Straße 12, Wohnung Obere Gartenstraße 3) Teilhaber Karl Gutmann (Haller Straße 51); Textilgeschäft Julius Gutmann (Poststraße 88 am Oberen Tor);
Viehhandlung Elias Heidenheimer (Altstadt 57);
Viehhandlung Falk Herz, danach Sohn Alfred Herz (Karlsvorstadt 3);
Vieh- und Pferdehandlung, Immobilienmakler Siegfried (Sieger) Herz (Wohnung Karlsvorstadt 11, Geschäftsgebäude Schillerstraße 74 und 76);
Pferdehandlung Gebr. Hirsch (Leopold Hirsch im Stiftshof Kirchbrunnengasse 13,
Bernhard Hirsch Poststraße 24, Louis Hirsch Bismarckstraße 8);
Weingroßhandlung (Julius) Israel und (Moritz)
Frießner (im ‚Gelben Schlössle‘ Bismarckstraße 13);
Holzhandel, später Stuhlindustrie (Handel mit Stühlen) (Sigmund) Israel und (Heinrich) Scheuer (Poststraße 31);
Vieh- und Pferdehandlung (Ludwig) Kahn (Untere Torstraße 11)
und (Hugo) Levi (Karlsvorstadt 37);
Schuhhaus Richard Kauders (Marktstraße 3), bis 1927 Putz- und Modegeschäft (Marktplatz 7, Ecke Marktstraße);
Immobilienmakler Isaak Kaufmann (Karlsvorstadt 15);
Textilienhandlung Jakob Kaufmann (Bahnhofstraße 25), ab 1930 Handelsvertreter (Wohnung im Haus der Synagoge, Untere Torstraße 23);
Bäckerei Louis Kaufmann (Poststraße 51);
Textilgeschäft Max Kocherthaler (Untere Torstraße 11);
Landesproduktenhandlung Abraham Lämmle (mit Sohn Bernhard) (Poststraße 71);
Viehhandlung Arthur Ledermann (Untere Torstraße 22), ab 1929 Handel mit Ölen und Fetten;
Viehhandlung Abraham Löw (Schillerstraße 73);
Praktischer Arzt Dr. Julius Merzbacher (Büttelbronner Straße 6, bis 1927 Marktstraße 3);
Viehhandlung Julius Metzger (Marktstraße 21);
Viehhandlung Gebr. Rosenfeld (Louis Schillerstraße 42, Max Schillerstraße 48);
Landesproduktenhandlung (Mehlgroßhandlung) Felix Rothschild, Inh. Louis und Samuel Rothschild (Untere Torstraße 18);
Kaufhaus S. (Samuel) Schlessinger Söhne, Inh. Josef und Max Schlessinger, später Hugo und Eugen Schlessinger, Söhne von Josef (Poststraße 59);
Vieh- und Pferdehandlung Julius und Leopold Stern (Julius Karlsvorstadt 3, Leopold Untere Torstraße 11);
Textiliengeschäft August Thalheimer (Poststraße 24), handelt ab 1933/34 mit Ölen und Fetten;
Farben- und Lackfabrik Gebr. Thalheimer (im Haagweg) (Berthold Hohenlohestraße 7, Arthur Büttelbronner Straße 8, Julius Hohenlohestraße 5);
Metzgerei und Wirtschaft Sigmund Weil (Poststraße 46, Scheuer Kirchgasse 4);
Viehhandlung Josef Westheimer (Bahnhofstraße 10). 

Die Liste der Handel- und Gewerbetreibenden wurde von Walter Meister im April 2012 für die Seite http://www.alemannia-judaica.de/oehringen_synagoge.htm neu bearbeitet