Bertha und Julius Löw

Die „reiche Heirat“

Nur noch die ersten Schreckenstaten der Nazizeit erlebte der Viehhändler Abraham Löw. Er starb, 74 Jahre alt, am 24. Mai 1933. Seine Frau Rosa war schon 1915 im Alter von 46 Jahren verstorben. Beide ruhen auf dem jüdischen Friedhof in Öhringen. Mit ihren Kindern Bertha, geboren 1892, und Julius, geboren 1896, lebte die Familie in bescheidenen Verhältnissen in einer Wohnung beim früheren Feuerwehrmagazin in der Schillerstraße. Abraham Löw gehörte dem Männerturnverein an.

Von Bertha Löw wird erzählt, sie habe einen der reichsten Männer Amerikas geheiratet und sei 1941 nach San Francisco ausgewandert. Nach Unterlagen, die authentischer sein dürften, ging Bertha Löw 1933 zu einem verwitweten Onkel nach Herleshausen bei Eisenach und führte dessen Haushalt. Beide zogen 1938 nach Stuttgart.

Im Jahre 1941 wanderte Bertha Löw nach Kuba aus, fand dort aber keine Arbeit und wurde von in Amerika lebenden Verwandten unterstützt. Dann siedelte auch sie in die USA über, wo sie bis zu ihrer Erwerbsunfähigkeit in Haushaltungen arbeitete. Bertha starb 1983 in Los Angeles.

Bertas Bruder Julius hat Öhringen vermutlich schon in jungen Jahren verlassen und war Infanterist im Weltkrieg. Hier ein Ausschnitt aus der Kriegsstammrolle Bayern von Julius. Die „mitgemachten Gefechte“ sind aufgeführt.

Kriegsranglisten und -stammrollen des Königreichs Bayern, 1. Weltkrieg 1914-1918 für Julius Löw

Im September 1930 hat er Helene Braun aus Sontheim, eine Christin geheiratet, in Kornwestheim gewohnt – in der Horst-Wessel-Str 18 – und von 1922 bis 1938 bei Salamander als Kaufmann und Hilfskorrespondent gearbeitet. Dann wurde ihm dort auf Grund seiner jüdischen Herkunft gekündigt. Zwischenzeitliche Gefängnisaufenthalte, Arbeitslosigkeit, Gelegenheitsarbeit auch als Straßenkehrer machten ihm zu schaffen. Überdies stand er im Fokus der Geheimen Staatspolizei, wie diese Abschrift von 1943 zeigt:

Quelle:
https://www.ushmm.org/online/hsv/wexner/cache/1624479806-736309-RG-68.094M.0002.00000138.jpg

Julius Löw ist am 12. Februar 1945 nach Theresienstadt deportiert worden. Da spielten die „mitgemachten Gefechte“ aus dem 1. Weltkrieg keine Rolle mehr.
Der Zug war geschlagene 6 Tage unterwegs.
Einen Monat nach der Befreiung im Mai 1945 konnte Julius das Lager verlassen, er hat die Naziherrschaft überlebt. In Kornwestheim wurde ihm ein Stolperstein gelegt.

Lists of Jews deported in Transport No. XIII/7 from Stuttgart, Wuerttemberg, Germany to Theresienstadt,Ghetto,Czechoslovakia on 12/02/1945 
Quelle:
https://documents.yadvashem.org/index.html?language=en&search=global&strSearch=3690805&GridItemId=3690805

Beitragsbild oben:
Kriegsranglisten und -stammrollen des Königreichs Bayern, 1. Weltkrieg 1914-1918 
für Julius Löw