Bertha und Joseph Westheimer mit Ilse und Beatrice

Im Lageplan sind das die Stolpersteine [18/19/20/21]

Berta und Josef Westheimer und ihre Töchter Selma, Ilse und Beatrice wohnten seit 1923 in der Bahnhofstraße 10, in einem von den kleinen Altbauten, an deren Stelle heute die Gaststätte „Ochsenhandel“ steht. Der Viehhandel brachte nur geringe Einkünfte und musste 1936 aufgegeben werden. Josef Westheimer war im 1. Weltkrieg mit dem EKII und der Württembergischen Militärverdienstmedaille ausgezeichnet worden. Das hatte jedoch nicht verhindert, dass er nach der Reichspogromnacht im KZ Dachau so geprügelt wurde, dass er zwei Wochen nach der Entlassung am 25. Dezember 1938 an den Folgen starb.
Josef Westheimer ist auf dem Öhringer Friedhof begraben, die Inschrift auf dem Stein lautet:

Westheimer
, Joseph
| Jom Tof
Geb. 30.12.1878
Gest. 25.12.1938

Beatrice Westheimer

Die Familie lebte in großer Not und Angst in Öhringen. Berta Westheimer wagte sich kaum noch unter die Leute. Eine Nachbarin kaufte heimlich ein und stellte die Sachen nachts vor die Tür der Westheimers. Des Öfteren stand dort auch Essen. Doch dürften die Unerträglichkeiten des Alltags die beiden Töchter veranlasst haben, Öhringen zu verlassen.

Die älteste Tochter Selma (*1914) ging 1934 nach Stuttgart „in Stellung“ und wanderte nach ihrer Hochzeit mit ihrem Ehemann Ernesto Wahle nach Argentinien aus.
Ilse Ruth (*1920) war zunächst Lernschwester im Israelitischen Kranken- und Schwesternheim in  München, kam aber nach einem halben Jahr nach Öhringen zurück und war bei der Maivolkszählung 1939 bei ihrer Mutter in Öhringen. Sie taucht dann wieder in einem Bericht des Judenarbeitslagers Flachsrösterei in Lohhof bei München auf.

Quelle: USHMM

Ilse wurde mit dem bayrischen Deportationstransport am 20.11.1941 nach Kowno (Kaunas in Litauen) in das Fort IX verbracht, sie erhielt die Transport-Gefangenennummer 844. Am 25. November 1941 wurde sie mit 21 Jahren umgebracht.

„Am Morgen des 20. November 1941 wird in München ein Zug vollgestopft mit fast 1.000 Münchner Juden: Männer, Frauen, Kinder.
Über zwei Tage braucht der Zug nach Kaunas, Litauen. Es heißt, arbeiten sollen sie dort. Es gibt so gut wie keine Verpflegung im Zug. Und nur Sitzplätze für die Hälfte.
Im Ghetto von Kaunas ist kein Platz mehr. Man führt die 1000 zu den Kasematten am Stadtrand.
Am 25. November müssen sich die Münchner Juden zu 80 in Gruppen herausbewegen, angeblich zum Morgensport. Sie werden durch ein Spalier von Wachleuten auf eine Grube zugetrieben. Da müssen sie rein. Am Rand sind Maschinengewehre postiert. Die 80 werden in der Grube erschossen. Die nächsten 80 kommen, Männer, Frauen, Kinder.
Etwa 50 000 deutsche Juden werden in diesen Wochen in Kaunas auf diese Weise erschossen.“
Quelle: http://www.tenhumbergreinhard.de/

Tochter Beatrice Blanka (*1926) wurde 1939 im Esslinger Waisenhaus untergebracht, danach in Heilbronn.
Mutter Berta und Beatrice müssen sich mit dem württembergischen Transport vom 1.12.1941 nach Riga deportieren lassen. Dort waren sie in Riga-Jungfernhof, einem Außenlager des Ghetto Riga, in erbärmlichen Verhältnissen untergebracht. Es wird angenommen, dass sie wenige Monate später, am 27.3.1942, mit ihrer Tochter Beatrice bei der Aktion „Dünamünde“ mit vielen anderen Lagerinsassen in einem Waldgebiet in der Nähe von Riga ermordet wurde. Am 8.5.1945 wurden Berta und Beatrice Westheimer für tot erklärt, als Todesort ist das Konzentrationslager Riga-Kaiserwald angegeben.
Beatrice wurde 16 Jahren alt.

Quelle:
http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_bay_411120.html

Übersicht: Opfer hinter den Steinen