Die Brüder Rothschild

Geknüpfte Erinnerungen

Einen Großhandel mit Getreide und Mehl, Schokoladen und Süßwaren betrieben die Brüder Louis und Samuel Rothschild seit 1911 in der Unteren Torstraße 18, heute Schuhhaus Krenkler. Die Geschäfte liefen gut, gaben in der Wirtschaftskrise um 1930 nach und gingen nach 1933 weiter zurück. Ende 1938 lösten die Brüder Rothschild ihren Großhandel auf, sie verkauften das gemeinsame Haus und wanderten in die USA aus.
Louis Rothschild wurde 1873 in Öhringen geboren, er nahm am Ersten Weltkrieg teil und war Mitglied des Männerturnvereins. Verheiratet war er mit Cilly Löwenstein, die 1931 starb und ihre Ruhestätte auf dem jüdischen Friedhof hat. Tochter Mina (Margarete) kam 1913 zur Welt, Tochter Ruth 1919.
Louis Rothschild starb 1946 in New York.
Mina Rothschild, wanderte schon im Frühjahr 1939 nach den USA aus, Vater und Schwester Ruth folgten ein Jahr später. Mina nannte sich nach ihrer Heirat mit Henry Wald, Gretl.
Mina / Margarete / Gretl Wald starb am 2. März 2000, sie ruht neben ihrem Mann Henry in Lincoln, Lancaster County, Nebraska.
Gretl Wald hat für USC University of Southern California ein interview gegeben, leider nur für Verwandte einsehbar, aber mit einigen Vorschaubildern versehen:
https://vhaonline.usc.edu/viewingPage?testimonyID=10496#

Ruth Marie Rothschild besuchte von 1930 bis 1934 das Progymnasium Öhringen, war dort aber nach 1933 solchen Belästigungen ausgesetzt, dass sie die Schule verließ. Nach Tätigkeiten im Haushalt begann sie eine Ausbildung als Krankenschwester am jüdischen Krankenhaus in Mannheim, die mit der Auswanderung endete. In den USA verdiente sie sich als Haushaltshilfe und Fabrikarbeiterin ihren Lebensunterhalt. Sie hat 1942 in New York Rudolf Dietrich geheiratet. Verstorben ist sie 2004.

Samuel Rothschild wurde 1877 in Öhringen geboren. Wie sein Bruder Louis nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Mit seinem Bruder betrieb er den Großhandel, er galt aber auch als tüchtiger Viehhändler. Verheiratet war er seit 1922 mit Selma Ottenheimer aus Ludwigsburg. Das Ehepaar wanderte 1939 nach New York aus und war gerettet.

Nicht so die Schwester der Brüder Louis und Samuel, Julie, *1880 als Jette (Julie), sie hatte geheiratet und lebte in Frankfurt. Das Ehepaar wurden am 20. Oktober 1941 ab Frankfurt, nach Litzmannstadt (Lodz), Ghetto deportiert und umgebracht.

Ein besonderes Erinnerungsstück an einen in Öhringen empfangenen Freundschaftsdienst nahm Julie mit nach Frankfurt: Einen handgeknüpften Teppich. Nach jüdischer Sitte sollte die Braut dem Bräutigam einen selbstgeknüpften Teppich schenken. Da Julie nicht knüpfen konnte, haben es die Öhringer Gußmann-Schwestern für sie getan und aus einer lieben Not geholfen.