Erich Levi

Mein bester Schulkamerad

An den Vorbeter, Prediger, Religionslehrer, Gemeinderechner und Schächter Berthold Levi wird sich in Öhringen kaum jemand noch erinnern. Er übte diese Ämter von 1916 bis 1926 aus und wohnte im Gebäude der Synagoge. In Göppingen nahm er eine andere Stelle an, lebte nach seiner Pensionierung in Stuttgart und starb dort 1941. Seine Frau Pauline Gummersheimer aus Lehrensteinsfeld, wo ihr Vater fünfzig Jahre lang jüdischer Lehrer war, erlebte 1941 noch ein kleines Wunder. Sie war eine der letzten Juden, die vor der Schließung des amerikanischen Konsulats in Stuttgart ein Ausreisevisum für die USA erhielt. Dort starb sie, fast 90 Jahre alt, im Jahre 1974.

In Öhringen wurde 1916 Sohn Erich geboren. Er besuchte die Volksschule und erinnert sich noch gut seiner Lehrer. Herr Gehring sei ein guter Lehrer gewesen, er habe viel bei ihm gelernt, berichtet er. Ernst Seeger blieb ihm als guter Musiker im Gedächtnis. Am jüdischen Lehrerseminar in Würzburg legte Erich Levi 1937 sein Examen ab, emigrierte 1938 in die USA, war in Baltimore 30 Jahre lang jüdischer Lehrer und trat danach in die Dienste der Regierung. Seine Frau Ruth Goldschmidt, mit der er drei Kinder – Barry, Miriam, Deborah – hat, stammt aus Aurich.

Obwohl Erich Levi nur die ersten zehn Jahre seiner Kindheit in Öhringen verbrachte, ist ihm noch vieles in Erinnerung. Es bereitet ihm keine Schwierigkeit, die Hamen von etwa fünfzig jüdischen Familien in Öhringen zu nennen. Er erinnert sich aber noch gut nichtjüdischer Nachbarn: An die Bäckerei Taubenberger mit den Kindern Hans und Ilse, an die Metzgerei Förnzler mit den Söhnen Hermann und Albrecht, an Sattler Fuchs und Schuhmacher Kircher.

„Mein bester Schulkamerad“, schreibt Erich Levi, „war Hermann Meier; wie es ihm wohl ergangen ist?“
Eine Antwort konnte Erich Levi nicht mehr gegeben werden. Er starb 1992, ein Wiedersehen mit Öhringen schon vor Augen, auf das er sich so gefreut hatte.

Chevra Ahavas Chesed Cemetery, Randellstown Baltimore