Levi Blum

Verlasse Deutschland!

Tabakwaren gab es schon vor dem Ersten Weltkrieg in der Rathausstraße bei L. Blum, Teilhaber war sein Schwager Jakob Engelbert. Levi Blum stammte aus Hochhausen bei Neckarelz und heiratete nach Öhringen. Er starb 1927 im Alter von 58 Jahren, seine Frau Fanny, geb. Kahn, 1935 im Alter von 61 Jahren. Sie sind auf dem jüdischen Friedhof bestattet. Der Mitinhaber Jakob Engelbert und seine Frau Nannchen, die Schwester von Levi Blum, wohnten zuletzt im gleichen Hause in der Wintergasse.

Levi und Fanny Blum hatten zwei Söhne. Sohn Albert, 1901 geboren, wanderte schon 1923 in die USA aus. Washington, der Wohnort der Verwandten mütterlicherseits, war das Ziel. Dort heiratete er 1928 Louise Reger.

USA, Einberufungskarten junger Männer im 2. Weltkrieg, 1940–1947
Einzug, Musterung und Militärdienst

Der Sohn Max, geboren 1899, übernahm nach dem Tode des Vaters die „Hohenloher Tabakmanufaktur“. Er verkaufte 1929 das Anwesen in der Rathausstraße und erwarb die Gebäude Wintergasse 20 und 22. Das Geschäft wurde um einen Großhandel erweitert und bis 1934 betrieben. Er verkaufte die Häuser und verlegte seinen Wohnsitz nach Stuttgart., wo er für Zigarrenfabriken reiste.

Verheiratet war Max Blum seit 1928 mit Dora Weikersheimer aus Gaukönighofen, geboren 1905. Tochter Lore kam 1930 zur Welt, Sohn Lothar 1934. Lore Blum verbrachte ihre ersten fünf Lebensjahre in Öhringen und besuchte nach dem Umzug ihrer Eltern eine jüdische Schule in Stuttgart. Die Familie wanderte 1938 in die USA aus, wo Max Blum viele Jahre als Gelegenheitsarbeiter und später als Verkäufer in einem Warenhaus den Unterhalt für seine Familie verdiente.

USA, Einberufungskarten junger Männer im 2. Weltkrieg, 1940–1947
Einzug, Musterung und Militärdienst

Lore Blum arbeitet als Angestellte, heiratete 1956 und wohnte in Silver Spring Maryland, sie starb 2006. In den USA lebt auch ihr Bruder Lothar.

Von seinem in den USA lebenden Bruder Albert war Max Blum gedrängt worden, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Für sein Geschäft und das Wohnhaus in der Wintergasse suchte er einen Käufer. Eugen Schimmel hatte Interesse, aber nicht das Geld. So kaufte er zunächst nur das Haus mit dem Geschäft. Kurz danach kam Max Blum mit der dringenden Bitte: Kaufen Sie doch auch das Wohnhaus, wir müssen fort und brauchen Geld. Aus der finanziellen Verlegenheit half eine Öhringer Bank. Eugen Schimmel furh mit dem Geld nach Stuttgart, wo Max Blum schon wartete. Ohne das Geld hätte er nicht ausreisen können. Zu Eugen Schimmel sagte er: Das werde ich Ihnen nie vergessen…..

Eugen Schimmel eröffnete in der Wintergasse ein Lebensmittelgeschäft. Es wurde boykottiert. Vor dem „Judengeschäft“ standen Posten, auf die Straße wurde gemalt: Hier werden Juden bedient. Die noch anwesenden Juden kauften hier ein, wurden aber immer mehr schikaniert und wagten sich nicht mehr in die Gasse. Eugen Schimmel brachte Juden öfters Lebensmittel ins Haus.

Als Max Blum 1935 Öhringen verließ, blieb sein Onkel Jakob Engelbert mit seiner Frau in der Wintergasse wohnen. „Euch alten Leuten wird man doch nichts tun“, meinte er. Jakob Engelbert war 75, seine Frau 64 Jahre alt. Doch an einem Sommertag des Jahres 1939 kam die Aufforderung: Koffer packen und zur Synagoge kommen. Was sich dort versammelte, warten alles ältere Menschen. Sie mussten einen offenen Lastwagen besteigen und wurden noch durch die Stadt gefahren. Passanten blieben stehen: „Mein Gott, was haben die denn mit diesen alten Leuten vor?“
Sie kamen in das israelische Altersheim Herrlingen bei Ulm Dieses Heim wurde im Sommer 1942 geschlossen. Hannchen Engelbert wurde 1942 nach Oberstotzingen/Heidenheim und kurz darauf in das Ghetto Theresienstadt verbracht und einen Monat später in Treblinka ermordet, sie wurde 71 Jahre alt. Ihr Mann starb noch in Herrlingen am 22 März 1942 (im Alter von 82) und ruht auf dem Neuen Friedhof in Ulm, Grabstelle 206.

Nach dem Kriege wurden neue Rechnungen aufgemacht. Wer zu jüdischem Besitz gekommen war, sollte rückerstatten oder zahlen. Auch Eugen Schimmel wurde dazu aufgefordert. Er befand sich noch in russischer Gefangenschaft. Seine Frau handelte schnell. Sie erfuhr die Adresse von Max Blum und schilderte ihm die Situation. Schon wenige Tage später traf per Luftpost eine befreiende Erklärung von Max Blum ein. Er hatte nicht vergessen…..

Einige Jahre gingen dahin. Eugen Schimmel war 1975 dabei, seinen Lebensmittelladen umzubauen und zu modernisieren. Da standen plötzlich Max Bum mit Frau und Tochter in der Tür. Es wurde ein freudiges Wiedersehen. „Siehst du“, sagte Dora Blum zu ihrem Mann und wies auf die neuen Geschäftsräume, „so hatte ich es auch mal gewollt.“ Blums blieben einige Tage in Öhringen. Es war, als wären sie gestern fortgegangen, und doch so anders. Beim Abschied sagte Max Blum: „Euch danken wir, dass wir damals weiterleben durften.“

Quelle:Jüdische Bürger in Öhringen
Eine Dokumentation
Herausgeber: Stadt Öhringen
Ergänzende Informationen: ancestry.com