Jakob Kaufmann

Zweimal in Dachau

Seine Reisen als Handelsvertreter für Textilien, Damen- und Herrenbekleidung musste Jakob Kaufmann im Jahre 1937 endgültig einstellen. Die Firmen, für die er arbeitete, hatten liquidiert. Der sechsköpfigen Familie, die im Haus der Synagoge wohnte, gelang es, sich rechtzeitig ins Ausland in Sicherheit zu bringen. Zwei Kinder hatten schon 1937 in Palästina, die Eltern und zwei weitere Kinder 1938 und 1939 in den USA Aufnahme gefunden.

Jakob Kaufmann, ein Bruder des Poststraßen-Bäckers Louis Kaufmann, wurde 1895 in Olnhausen geboren und heiratete 1916 in Öhringen Berta Sahm aus Hohebach, geboren 1887. Im Ersten Weltkrieg wurden ihm das EK II und die Verdienstmedaille verliehen. Er war zunächst Reisender für das Öhringer Textilhaus Schlessinger und seit 1930 selbständiger Handelsvertreter. Schon im Sommer 1938 saß er drei Monate im KZ Dachau, in das er nach der Pogromnacht für fünf Wochen erneut eingeliefert wurde. Noch Schlimmeres befürchtend, wanderte er schon im März 1939 nach Baltimore (USA) aus. Dort verdiente er zunächst als Arbeiter und später als selbständiger Textilkaufmann seinen Lebensunterhalt. Er starb 1962.

Tochter Friedhilde (geboren 1918) und Sohn Alfred (geboren 1921) kamen mit einer Jugendgruppe 1937 nach Palästina. Friedhilde hatte von 1924 bis 1932 Volksschule und Realschule in Öhringen und danach eine jüdische Haushaltsschule in Stuttgart besucht. Vor ihrer Auswanderung half sie einem Heilbronner Dentisten im Haushalt und in der Praxis, ln Palästina war sie zunächst ohne Arbeit und ab 1939 in der Landwirtschaft beschäftigt. Sie lebte in Israel, ihr Mann Ernst (Jacob) Berg ist 1980 gestorben, sie 2007. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.

Alfred Kaufmann verließ das Progymnasium 1935 „wegen Lehrern und Mitschülern“. Er arbeitete in einer Gärtnerei und bereitete sich auf die künftige Tätigkeit in einem Kibbuz vor. In Israel arbeitete er in verschiedenen Kibbuzim, er diente in der britischen und in der israelischen Armee und war danach als Konstrukteur tätig. Alfred ist 1987 gestorben.

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Alfred Kaufmann, אלפרד קאופמן
Bild: Staatsarchiv Israel

Susie Kaufmann, geboren 1923, mußte die Volksschule 1936 verlassen und besuchte danach die jüdische Schule in der Synagoge. Sie wanderte schon im Sommer 1939 vor ihren Eltern in die USA aus. Ihren 15. Geburtstag feierte sie auf dem Schiff, ln Baltimore war sie Kindermädchen im Haushalt eines Rabbiners, besuchte die Abendschule und arbeitete danach in einem Büro. Susie Kaufmann-Idestone hat 1943 verheiratet, ihr Mann Frank Ferdinand Idestone stammte aus Mannheim. Susie verstarb 1997 in Baltimore.
Ihre besondere Erinnerung an Öhringen: „Mein größtes Vergnügen war es, wenn ich bei Heid eine kalte Milch kaufen konnte.“

Berta Kaufmann kam mit ihrem Sohn Bernhard 1939 nach Baltimore, wo Jakob Kaufmann schon ein halbes Jahr vorher eingetroffen war. Sie starb 1975. Bernhard, 1919 geboren, hatte nach dem Besuch der Öhringer Volksschule eine Lehre als Metzger begonnen. Nach der Auflösung des jüdischen Betriebes durfte er als Jude in diesem Beruf nicht weiterarbeiten und fand Arbeit im Hotel Bloch in Stuttgart.

Im August 1939 wanderte er mit seiner Mutter und dem Ehepaar Samuel und Helene Rothschild nach Amerika aus. Er arbeitete als Metzger, war während des Krieges in der US-Army und gründete einige Jahre nach dem Kriege eine eigene Metzgerei, die sein Sohn weiterführte.

Das Beitragsbild ganz oben zeigt eine Bildcollage mit einem Auszug der Liste der Inhaftierten von Dachau und dem Portraitfoto des Ehepaares Kaufmann.