Mathilde Wranowsky

Theresienstadt überlebt

lm Jahr 1929 war Gotthilf Wieland Lehrling in der Auto-Werkstatt von Thomas Wranowsky. An eines erinnert er sich besonders gern: Unsere Chefin Mathilde Wranowsky war zu ihren „Buben“ seelengut. Oft hatte sie in der Küche etwas übrig, immer ein gutes Wort und am Wochenende auch mal eine Mark statt der fünfzig Pfennig Lehrlingslohn im Kuvert. Doch gab es in der Poststraße auch Bewohner, die soll es gestört haben, dass in ihrer Straße immer noch eine Jüdin wohnt – sogar noch 1943, als die letzten Juden aus Öhringen längst deportiert und vermutlich auch schon umgebracht worden waren.

Mathilde Wranowsky, geborene Metzl, war jüdischer Abstammung. Im Jahre 1884 in Aschbach bei Wien geboren, heiratete sie den Tschechen Thomas Wranowsky und kam mit ihm nach dem Ersten Weltkrieg nach Öhringen. Als Jüdin, die zum katholischen Glauben übergetreten war, und als Ehefrau eines Nichtjuden blieb sie zunächst vor Verfolgungen verschont, auch noch nach dem Tode ihres Mannes im Jahr 1938.

Doch am 10. Januar 1944 wurde auch die inzwischen 60 Jahre alte Mathilde Wranowsky deportiert. Sie kam nach Theresienstadt, überstand alle Grausamkeiten und wurde von russischen Truppen befreit. Wie sie nach der Rückkehr zur Familie ihrer Tochter Helene Doll in Öhringen sagte: Vielleicht 14 Tage noch, dann wäre auch ich wie viele vor mir abtransportiert und vergast worden…

Sie überlebte Theresienstadt: Frau Mathilde Wranowsky.

Enkel Peter Doll kann sich erinnern, dass die Großmutter gelegentlich von Leichenbergen und von medizinischen Versuchen sprach, die an ihr vorgenommen worden waren und an denen sie noch lange Zeit litt. Peter Doll weiß auch noch, daß sein Vater Emil Doll bedrängt worden war, sich von seiner nichtarischen Frau Helene zu trennen. Aber auch Drohungen mit dem KZ hatten ihn dazu nicht bewegen können.